kunsthalle
wilhelmshaven
12.02.2012 – 09.04.2012

Zwischen Kaiseranspruch und Secession

Der Verein, die Stadt und die Kunstsammlung

Paul Baum, Vorfrühlingslandschaft (Flämische Landschaft), 1906
Öl auf Leinwand, 57 x 67 cm, Städtische Kunstsammlung Wilhelmshaven

Das Jahresprogramm der Kunsthalle Wilhelmshaven stand 2012 im Zeichen eines einmaligen Ereignisses: Der Verein der Kunstfreunde für Wilhelmshaven e. V., der die Kunsthalle bis 2016 betrieb und noch heute für die Programmgestaltung und Finanzierung des Hauses mitverantwortlich ist, wurde im Januar 1912 gegründet und feierte 2012 sein 100-jähriges Bestehen. Der Verein initiierte in Kooperation mit Wilhelmshavener Bürgern, der Marine und Kaiser Wilhelm II. den ersten Kunsthallenbau (1912 erbaut, 1913 eingeweiht) und die Kunstsammlung der Stadt.

Landschaftsbilder um 1900 zählen zu den Zeugen der Pionierzeit des Sammelns im hohen Norden. Das 100-jährige Jubiläum war Anlass, an vier Vertretern der Secessionsmalerei und des Impressionismus den Sammlungsbestand der Städtischen Kunstsammlung um 1913 zu thematisieren. Mit „Gästen“ aus anderen Kunstsammlungen in Berlin, Chemnitz, Gelsenkirchen und Fischerhude wurde nicht nur ein Schlaglicht auf die Pionierzeit des Sammelns im Nordwesten geworfen, sondern auch aufgezeigt, wie sich die aktuelle Landschaftsmalerei um 1900 schon früh einen Platz in der Kunstsammlung im Norden erobern konnte.

„Aus dem Schaffen der Gegenwart“ erwarb der 2. Vorsitzende des Vereins, der damalige Rüstringer Bürgermeister Dr. Emil Lueken, 1913/14 eine ausgesuchte Reihe von Gemälden für die neue Sammlung. Neben Werken von Lovis Corinth und Leopold von Kalckreuth war es vorwiegend Landschaftsmalerei, aber nicht irgendeine: Der erste Sammlungsbestand enthielt Werke großer Landschaftsmaler wie Paul Baum (1859 – 1932), Walter Leistikow (1885 – 1908) und Otto Modersohn (1865 – 1943), die überregional einen großen Einfluss ausübten. Gleichzeitig kamen Werke von Johann-Georg Siehl-Freystett (1868 – 1919) dazu. Dieser Ankauf macht deutlich, wie es das neue Haus für Gegenwartskunst verstand, mit seiner Gründung auch auf dem Gebiet des Sammelns lokale und überregionale Akzente zu setzen. Den Vorstellungen von Kaiser Wilhelm II. entsprachen diese Stilströmungen bekanntlich nicht. Doch konnten sich im preußisch geprägten Wilhelmshaven und damit direkt unter seinen Augen aktuelle Formen der von ihm verschmähten Landschaftsmalerei der Berliner Secession („Stimmungslandschaften“) und des Neo-Impressionismus etablieren.

Zur Ausstellung erschien eine broschierte, 64-seitige Jubiläumszeitschrift, die den Auftakt einer Reihe von drei Ausgaben im Februar, Juni und September 2012 bildete.

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